Dienstag, 2. April 2013

Bauernregeln mit Erklärungen - Teil 2

22. Wenn es im Oktober und November viel Schnee gibt, so ist im nächsten Jäner

und Hornung gelindes, laulichtes Wetter zu erwarten.

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Anmerkung. Hier ist dagegen auf der, so beständigen Abwechslungen unterworfenen Erde der umgekehrte Fall. Auch hier nimmt der herannahende kürzeste Tag einen merklichen Einfluß auf den Winter.

23. Wenn Tafelwelk und Wände zu Anfang Winters trockner als gewöhnlich sind, oder die Traufe von den Dächern damals langsamer abfliesst, so ist es das Zeichen eines kalten und harten Winters.

Anmerkung. Nord- und Nordostwinde verursachen das; indem sie mit mehr Schnelligkeit und Federkraft als von anderen Gegenden erfüllet sind. Bey diesen Winden und einer solchen Beschaffenheit der Luft sind also natürlich auch die Regen seltener; daher tropfen die Dächer und Wände weniger, weil sie in diesem Stand der Trockne fähig sind, mehrere Feuchtigkeit in sich aufzunehmen.

24. Auf einen feuchten und kühlen Sommer folgt meistens ein harter Winter.

Anmerkung. Die vermuthliche Ursache ist schon gesagt worden.

25. Ein trockner Sommer und Herbst verkünden einen sanft, ohne viel Frost her- beykommenden Winter.

Anmerkung. Und zwar aus der umgekehrten Ursache. Bey den steten Veränderungen in der Natur, welche wir aber, ohne sie immer gleich genau und richtig aufzufassen, dennoch für beständig in ihrer Ordnung erkennen müssen, läßt sich aus dem Vorerwähnten einsehen, warum auf lang anhaltene Trockne eine weiche und feuchte Luft zu erwarten ist.

26. Ein gelinder, von starken Frösten befreyter Winter bedeutet einen heißen trocknen Sommer.

Anmerkung. Darüber muß zwar das Meiste die Erfahrung nach der örtlichen kage und den Umgebungen entscheiden: eEs ist aber anbey doch natürlich, daß viele Winter- und Frühjahrs - Feuchtigkeit, die kein Schnee oder Frost zerstöret hat, im Sommer häufige Gewitter, Winde und Regen , also nicht lauter Trockne erzeugen.

27. Zug - und Streichvögel richten sich nach der Beschaffenheit des Wetters. Wenn sich der Kuckuck zeitlich sehen läßt, so folgt gerne ein heißer Sommer.

Anmerkung. Wie weit das Vorgefühl des Wetters bey den Thieren reicht, ist wohl nicht zu bestimmen; weil man aus Beobachtungen weiß , daß sie sich auch öfters darüber betrogen haben: indessen schreibt die Erfahrung mehreren darunter ganz richtige, und auch weit gehende Anzeigen zu. Vollkommenheit ist hier so wenig als irgend anderswo auf der Welt zu verlangen.

28. Ein heiterer Herbst zieht einen windigen Winter, ein windiger Winter ein regnerisches Frühjahr, ein regnerisches Frühjahr einen heiteren Sommer, ein heiterer Sommer, einen windigen Herbst nach sich.

Anmerkung. Durch diese Erfahrungen wird das oben Gejagte bestätigt.

29. Wenn es sehr viele Eicheln gibt, so stellt sich ein langer und harter Winter ein.

Anmerkung. Nicht die Eicheln selbst, sondern die zu ihrem Gedeihen erforderliche Witterung läßt das erwarten.

30. Wenn das Ginster- oder Pfriemkraut voll Blüthen ist, so pflegt ein gutes Jahr zu folgen.

Anmerkung.  Was diesem Gewächs bey der Blüthezeit zuträglich ist, das genießen andere Feldgewächse mit, und gerathen daher wohl.

31 . Das Getreide pflegt ergiebig zu werden, wenn die Mandelbäume viele Früchte tragen.

Anmerkung. Aus gleicher Ursache wie ad 30.

32. Die Erfahrungen der alten Teutschen haben bey ihnen die nachstehenden Knittelverse erzeugt.

  • Wenn das Gras wächst im Januar,
    So wächst es desto schlimmer durchs ganze Jahr. 
  • So manchen kränkt minder seine Liebste auf der Bahr,
    Als schönes Wetter im Februar. 
  • Wenn der April bläst in sein Horn
    So ist es gut für Zeu und Korn. 
  • Eine Aprillenfluth
    Führt den Frosch weg mit seiner Brut. 
  • Maymonat kühl und windig,
    Macht die Scheuern voll und pfündig. 
  • Ein Schwann Bienen im May
    Ist so viel werth als ein Fuder Heu; 
  • Aber ein Schwarm im July
    Belohnt nicht einmal die Müh. 

Anmerkung. Man wird sich aus dem Bisherigen leicht bescheiden können, daß diese schlechte Poesie viel Wahres und Zutrauliches im Zusammenhang der Natur enthält. So nämlich reinigen Stürme und Ueberschwemmungen im April die Luft und die Felder von viel schädlichem Ungeziefer. Frühe Bienenschwärme im May tragen zugleich ihre Nahrung völlig ein, und können viel leisten; allzu späte Schwärme liefern oft kaum ihr nöthiges Futter, und die Ursache dessen liegt im schlechten Frühlings -Wetter, das begreiflich auch dem Bienenbau schädlich ist.

Quelle: Der angewandte Fresenius; oder, Sammlung geordneter allgemeiner Witterungs- und sogenannter Bauernregeln: mit beygefügten Erklärungen ihres Grundes und vernünftigen Sinnes zu einem nützlichen Gebrauch ... vorzüglich beym Betriebe der Landwirthschaft, Joseph Arnold Ritter von Lewenau aus dem Jahr 1823

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