Samstag, 6. April 2013

Wiegenlieder

Der Sandmann.

Zwei feine Stieflein hab' ich an.
Mit wunderweichen Söhlchen dran.
Ein Säcklein hab' ich hinten auf.
Husch! komm ich rasch die Trepp' herauf.
Und wenn ich in die Stube tret'.
Die Kinder beten das Abendgebet.
Von meinem Sand zwei Körnlein
Streu' ich in ihre Aeugelein;
Da schlafen sie die ganze Nacht
In Gottes und der Engel Wacht.
Den frommen Kindern soll gar schön
Ein froher Traum vorübergehn.
Nun risch und rasch mit Sack und Stab
Nun wieder jetzt die Trepp' hinab.
Ich kann nicht länger müßig stehn.
Ich muß heut' noch zu Vielen gehn.
Da nicken sie schon und lachen im Traum
Und öffnete doch mein Säcklein kaum!

H. Kletke.
(* 14. März 1813 in Breslau; † 2. Mai 1886 in Berlin)

Eia, popeia, schlaf' balde,

Die Vögelein fliegen im Walde.
Sie fliegen den Wald wohl auf und nieder
Und bringen dem Kinde den Schlaf bald wieder.
Ei Ein. popeia.
(Köhlers Mutterschule)

Thu' zu Guckäuglein. mein Kind.

Denn draußen weht ein arger Wind!
Will nun mein Kind nicht schlafen ein.
So bläst er in dein Bett herein.
Bläst alle Federn dir heraus.
Und endlich gar die Augen aus!
(Lenz Großmutter und Enkel)

Schlaf mein Kindchen, sieben Stund'.

Bis der Vater wiederkommt!
Vater ist in Wald gegangen.
Will dem Kind ein Vögelchen fangen.
(Liederbuch des deutschen Volkes)


Wer hat die schönsten Schäfchen?

Die hat der goldne Mond,
Der hinter unsern Bäumen
Am Himmel drüben wohnt.

Er kommt am späten Abend,
Wann Alles schlafen will,
Hervor aus seinem Hause
Zum Himmel leis und still.

Dann weidet er die Schäfchen
Auf seiner bunten Flur;
Denn all die weißen Sterne
Sind seine Schäfchen nur.

Sie thun sich nichts zu Leide,
Hat eins das andre gern,
Und Schwestern sind und Brüder
Da droben Stern an Stern.

Und soll ich eins dir bringen,
So darfst du niemals schrei'n,
Mußt freundlich wie die Schäfchen
Und wie ihr Schäfer sein!
(Hoffmann v. Fallersleben)

So schlaf in Ruh !

Die Zeitlos' und die Tulpe nickt,
Auf daß der Schlaf sie auch erquickt.
Die Äuglein zu!
Mein Kinolein du,
Nun schlaf in Ruh!

So schlaf in Ruh'
Die Lämmlein sind jetzt müd' und satt,
Sie suchen ihre Lagerstatt.
Die Äuglein zu!
Mein Kindlein du,
Nun schlaf in Ruh!

So schlaf in Ruh!
Der Vogel stiegt zum Dornenstrauch:
„Jetzt ist es Nacht, drum schlaf ich auch."
Die Äuglein zu!
Mein Kindlein du,
Nun schlaf in Ruh!

So schlaf in Ruh!
Die Sterne leuchten hell und klar,
Es kommt von dort der Engel Schaar.
Die Äuglein zu! Mein Kindlein du,
Nun schlaf in Ruh!

So schlaf in Ruh!
Es kommt auch einer her und wacht,
Mein Kind, bei dir die ganze Nacht.
Die Äuglein zu!
Mein Kindlein du,
Nun schlaf in Ruh!

So schlaf in Ruh!
Er breitet seine Flügel aus,
Und singt: Gott segne dieses Haus!
Die Äuglein zu!
Mein Kindlein du,
Nun schlaf in Ruh!

(Hoffmann von Fallersleben)

Wann die Vögel mit Gesange
Froh begrüßen Wies und Wald,
Hell von ihrer Stimme Klange
Wald und Wiese wiederhallt;
Auf den Gruß der Vögel springen
Blümlein dann wie aus der Nacht,
Und der Sonne Strahlen bringen
Ihnen Duft und Farbenpracht.

Wann die Vögel mit Gesange
Froh begrüßen Wies' und Wald,
Hell von ihrer Stimme Klange
Wald und Wiese wiederhallt;
Knäblein, wachs in solcher Wonne,
Wie die Blum' an Sonn' und Klang!
Mutteraug' ist deine Sonne,
Mutterstimme dein Gesang.

(Hoffmenn von Fallersleben)

Nun gute Nacht!
Du hast für heut genug gelacht,
Doch hast du auch geweint gar sehr,
Als ob dir Leids geschehen war'.

Das kann nicht sein!
Drum, liebes Kind, schlaf ruhig ein.
Was deiner Mutter widerfuhr,
Das war dein ganzes Leiden nur.

So schlaf denn ein!
Die Wieg' ist deine Welt allein.
Drin Sonn' und Mond nicht untergehn,
Noch Wolken ziehn und Winde wehn.

Das kennst noch nicht,
Und kennst, mein Kind, gar vieles nicht;
Doch weißt genug, wenn Eins du weißt,
Was Vater und was Mutter heißt.

(Hoffmann von Fallersleben)

Alles still in süßer Ruh,
Drum mein Kind, so schlaf auch du!
Draußen säuselt nur der Wind:
Su susu! schlaf ein mein Kind!

Schließ du deine Äugelein,
Laß sie wie zwei Knospen sein!
Morgen wenn die Sonn' erglüht,
Sind sie wie die Blum' erblüht.

Und die Blümlein schau' ich an,
Und die Äuglein küss ich dann:
Und der Mutter Herz vergißt,
Daß es draußen Frühling ist.

(Hoffmann von Fallersleben)

Die liebe Sonne sinket nieder,
Schon säuselt's kühl durch Wald und Feld,
Der Abendstern verkündet wieder
Den süßen Schlaf der müden Welt.

An Halmen, Blättern, Sommerlatten
Wird's still und stiller allgemach,
Und jedes sucht im Dämmerschatten
Ein grünumwölbtes Wetterdach.

Im Blumenkelche will die Biene,
Der Laubfrosch auf dem Blatte ruh'n,
Der Falter an der Balsamine,
Am Rosenzweig das Gotteshuhn.

Du darfst um deine Lagerstätte,
Mein Kind, noch nicht bekümmert sein!
Wenn ich auch keine Wiege hätte,
Auf meinen Armen schliefst du ein.

(Hoffmann von Fallersleben)

Die Ähren nur noch nicken,
Das Haupt ist ihnen schwer,
Die müden Blumen blicken
Nur schüchtern noch umher.

Da kommen Abendwinde,
Still wie die Engelein,
Und wiegen sanft und linde
Die Halm' und Blumen ein.

Und wie die Blumen blicken,
So schüchtern blickst du nun,
Und wie die Ähren nicken,
Will auch dein Hauptlein ruh'n.

Und Abendklänge schwingen
Still wie die Engelein
Sich um die Wieg' und singen
Mein Kind in Schlummer ein.

(Hoffmann von Fallersleben)


Fotos: pixabay

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen